Die Stadt Monheim am Rhein hat in ihrer Ratssitzung vom 14. März 2018 die Einführung einer Altstadtbuslinie mit drei selbstfahrenden batteriegespiesenen Elektrofahrzeugen beschlossen. Diese Linie verbindet die Altstadt mit dem Busbahnhof. So wird ein neues ÖPNV-Angebot geschaffen. Insbesondere unterstreicht der Einsatz lokal emissionsfreier Fahrzeuge den Anspruch der Stadt, eine Vorreiterrolle bei der urbanen Digitalisierung einzunehmen.
Die Stadt Monheim am Rhein positioniert die neue Linie nicht als befris-teten Pilotversuch, sondern als zusätzliches neues Angebot für die Stadtbevölkerung und die Besucher, welches Bestand haben soll. Es existieren bereits Ideen für weitere Ausbaustufen. Zunächst jedoch soll möglichst noch 2018 eine erste Linie in Betrieb gehen. So können Erfahrungen ge-sammelt und Erkenntnisse gewonnen werden, die beim Planen und Umsetzen der nächsten Schritte unabdingbar sein werden.
Daniel Zimmermann ist seit 2009 Bürgermeister der Stadt Monheim am Rhein. Er war damals der jüngste Bürgermeister Deutschlands und hat zusammen mit seinem Führungsteam im Bereich Digitalisierung bereits diverse Innovationen umgesetzt.
„Monheim am Rhein steht modernen Technologien grundsätzlich offen gegenüber. Das sieht man zum Beispiel daran, dass wir bundesweit die erste Stadt sein werden, die bis Ende 2018 ein flächendeckendes, freies WLAN anbietet“, erläutert Zimmermann und zeigt auf, wie die Idee entstanden ist, in Monheim selbstfahrende Fahrzeuge verkehren zu lassen: „Da wir mit der Altstadt ein Gebiet innerhalb der Stadt haben, das nicht optimal an den ÖPNV angeschlossen ist, lag der Gedanke nahe, dort eine richtungsweisende und zukunftsorientierte Mobilitätslösung zu installieren.“
„Teil unserer Smart-City-Strategie ist es, nur solche Projekte zu verfolgen, die die Lebensqualität und die Standortattraktivität der Stadt erhöhen“, stellt Zimmermann klar und ordnet das Projekt mit automatisierten Fahrzeugen in die Digitalisierungsstrategie der Stadt ein: „Wir setzen Projekte um, durch die Monheim am Rhein technologisch fortschrittlicher, sozial inklusiver und ressourcenschonender wird. Da die selbstfahrenden Busse all diese Kriterien erfüllen, passen sie bestens zu unseren anderen Smart-City-Projekten.“
„Die Reaktionen sind größtenteils positiv“, freut sich Zimmermann darüber, wie das Projekt bei den Monheimerinnen und Monheimern ankommt. „Natürlich gibt es im Zuge der Einführung neuer Technologien immer auch Befürchtungen, zum Beispiel in Bezug auf die Sicherheit vor Unfällen. Die Tatsache, dass anfangs eine Aufsichtsperson mit an Bord sein wird, die in Ausnahmesituationen eingreifen kann, hat jedoch viele Skeptiker beruhigt. Wir können bei dem Projekt schließlich auf eine doppelte Sicherheit, nämlich durch Mensch und Maschine, verweisen.“
Schon in der Konzeptphase wurde die Linienführung intensiv diskutiert und mehrfach geändert. Zunächst war ein Pendelverkehr zwischen dem Busbahnhof am Rathausplatz und der Rheinaue jenseits der Kapellenstraße angedacht. Ein Augenschein vor Ort ergab, dass die Überquerung der Kapellenstraße für ein selbstfahrendes Fahrzeug heute noch ein zu schwieriges Unterfangen darstellt. Im Interesse der Sicherheit wurde die geplante Strecke daher verkürzt. Da die Platzverhältnisse und die beruhigte Verkehrsführung eine Wende beim Karnevalskabinett jedoch nicht zulassen, kam die Idee auf, eine Schleife via Poetengasse zu fahren und beim Schelmenturm wieder in die Alte Schulstraße einzubiegen. Um diese Route zu realisieren, dreht die Stadt Monheim die Fahrtrichtung der Poetengasse, einer Einbahnstraße, einfach um.
Ab dem Rathausplatz werden die automatisierten Elektrobusse im Zehn-Minuten-Takt auf die ca. 3 km lange Strecke geschickt. Diese ist topografisch nicht schwierig, dafür verkehrstechnisch mit dem Kreisverkehr beim Rathausplatz und der engen Durchfahrt durch das alte Stadttor beim Schelmenturm recht abwechslungsreich. Die Haltestellen entlang der Strecke werden neu eingerichtet.
Damit bietet die Strecke genügend Stoff, für Behörden, Betreiber und Fahrzeughersteller relevante Erfahrungen zu sammeln.
Die Bahnen der Stadt Monheim (BSM) werden die drei Elektrofahrzeuge erwerben, versichern, zulassen, warten und betreiben.Trotz ihres Namens betreiben die BSM heute eine reine Dieselbusflotte. Das Personal erwirbt sich nun die zusätzlich benötigten Qualifikationen.
Der Stellplatz für die Fahrzeuge ist bereits identifiziert: Die Halle, die früher dem Unterhalt von Lokomotiven der BSM diente, wird den Elektrofahrzeugen als Unterschlupf dienen. Die Zufahrt von der Garage zur Strecke hat damit eine Länge von ca. 2 km. Selbstverständlich soll auch diese Strecke automatisiert befahren werden.
Detlev Hövermann ist Geschäftsführer der BSM. Er hat das Unternehmen erfolgreich aus der Wirtschaftskrise geführt und die Leistungen kontinuierlich ausgebaut. „Die Verbindung aus elektrischem und autonomen Fahren ist aus meiner Sicht besonders gut für eine Anwendung im ÖPNV geeignet, da sich Verkehrsströme im Vergleich zum Individualverkehr so effizient bündeln und lenken lassen“, lässt uns Hövermann an seinen Überlegungen zur Zukunft teilhaben. „Ich vermute daher, dass sich derartige Systeme in-nerhalb der kommenden Jahre auf bestimmten Strecken, wie beispielsweise dem Zubringerverkehr, etablieren werden. Wir kennen bereits heute Fahrerassistenzsysteme in Pkw, die den Fahrer bei der Längs- und Querführung des Fahrzeugs sehr gut unterstützen. Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch, autonom und vernetzt – das gilt auch für den ÖPNV.“
Für Hövermann geht es in diesem landesweit ersten Projekt zunächst darum, Erfahrungen zu sammeln und diese dann in einem weiteren Schritt auf weitere Linien zu übertragen. Das gilt sowohl für die Technik – Stichwort Elektrifizierung des Antriebs auch bei herkömmlichen Bussen – als auch für Betriebsabläufe, Personalplanung und Alltagserfahrung mit der Linie. Auch für die Mitarbeiter der BSM ist das Projekt spannend. „Meine Mitarbeiter diskutieren das Projekt intern natürlich mit allen Vor- und Nachteilen, freuen sich aber auf die neue Technik und darauf, von Anfang an dabei sein zu dürfen“, ergänzt Hövermann.
Das Projekt startet mit der Fahrzeugbeschaffung. Im Rahmen derselben steuert die Firma AMoTech GmbH die spezifischen Anforderungen bei, die bei selbstfahrenden Fahrzeugen eine Rolle spielen. Nach erfolgter Selektion und der Auslösung der Bestellung ist mit einer Lieferzeit von drei bis vier Monaten zu rechnen. Da die Fahrzeuge nicht typengeprüft sind, muss jedes Fahrzeug einzeln geprüft und getestet und für die Straße zugelassen werden.
Eine wichtige Rolle hierbei spielt Projektleiter Alexander Schulze von AMoTech, der die BSM bei der Fahrzeugbeschaffung unterstützt und anschließend die Zulassung des Fahrzeuges mit dem Hersteller sowie den relevanten Behörden und den von ihnen benannten Prüfstellen koordiniert. Zusätzlich erarbeitet er die Antragsunterlagen für die Betriebsbewilligung und tauscht sich mit dem Projektleiter der BSM bezüglich der Planung aus.
„Wir haben im Projekt zwei große Arbeitspakete, die für eine zeitgerechte Umsetzung entscheidend sind“, berichtet Schulze. „Das eine ist die Fahrzeugbeschaffung. Die Anforderungen an den Fahrzeughersteller müssen präzise und klar definiert sein, so dass die Auslieferung der Fahrzeuge zeitgereicht erfolgen kann. Wir bringen dabei die Punkte ein, die spezifisch sind für automatisierte Fahrzeuge. Das andere ist die Fahrzeugzulassung. Hier muss eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden und Prüfstellen stattfinden, über die gesamte Projektdauer hinweg. Wir arbeiten intensiv mit dem TÜV Rheinland zusammen und klären die Anforderungen schon vor der Ausschreibung der Fahrzeuge, um kostspielige und zeitraubende Nacharbeiten zu vermeiden.“
Die Stadt Monheim wünscht die Fahrzeuge per Ende 2018 auf der Straße zu sehen. Damit hat sie einen äußerst ambitionierten Zeitplan vorgelegt, der Schulze gehörig unter Druck setzt. „Entscheidend ist, dass wir die Zeit optimal nutzen, Aktivitäten wo möglich parallelisieren, aber auch Entscheidungen zeitgerecht einfordern. Wir denken und arbeiten antizipativ und stellen sicher, dass es im Projekt flüssig vorangeht“, erläutert Schulze sein Erfolgsrezept.
Im Rahmen des Swiss Transit Lab führt AMoTech zusammen mit den Verkehrsbetrieben Schaffhausen (VBSH) ein eigenes Projekt durch. Daneben bearbeitet AMoTech mehrere weitere Projekte in der Schweiz. „Seit Ende März ist unser eigenes automatisiertes Fahrzeug in Neuhausen am Rheinfall im täglichen Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr, auf der Linie 12 der VBSH“, berichtet Schulze. „Mit den Schweizer Behörden konnten wir sehr konstruktiv und lösungsorientiert arbeiten. Wir wissen jetzt, worauf es ankommt. Auch in Nordrhein-Westfalen sind wir diesbezüglich gut gestartet.“
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